"Erdäpfelsalat bleibt Erdäpfelsalat"
Was
Österreicher wirklich sprechen
Von
Ulrich Ammon
"Fest gestanden" habe
er im EU-Sprachenstreit in Finnland für die gemeinsame Sprache, sagte der österreichische Bundeskanzler Schüssel (ÖVP) -
und erinnerte damit im laufenden Streit
um die Wiener Regierungskoalition an Solidarität vergangener Tage. Damals wollte
das finnische EU-Präsidium das Deutsche nicht mehr als
Konferenzsprache zulassen. Doch was ist sie,
die "gemeinsame Sprache"?
Die Meinungen, die bei uns über Deutsch in Österreich kursieren, sind nicht nur
oft falsch, sondern wirken dort auch
arrogant. Den Gipfel bildet
die Behauptung, österreichisches
Deutsch sei einfach Dialekt, nur deutsches
Deutsch also richtig. In Wirklichkeit
handelt es sich um zweierlei, gleichberechtigtes Deutsch. Natürlich
wird in Österreich Dialekt gesprochen - wie bei uns
auch. Nach wissenschaftlicher Einteilung ist der Dialekt
in Österreich Bairisch (die
Österreicher sagen lieber "Bairisch-Österreichisch"),
ähnlich dem Dialekt im deutschen
Bundesland Bayern (man achte auf die unterschiedliche Schreibung!) In der Öffentlichkeit jedoch wird wie hier
Standarddeutsch gesprochen,
aber eben österreichisches. Der andere Tonfall im ORF als in der
ARD - leicht nasalierte Vokale, stimmlose Reibelaute und Lenisplosive (s, sch, v; b, d, g) - ist nicht Unvermögen, sondern wird gepflegt.
Ein deutscher Tonfall in ZIB wäre ebenso absonderlich wie ein österreichischer
Tonfall in der Tagesschau.
Ein Beispiel österreichischen
Sprachaufbäumens boten die Beitrittsverhandlungen zur EU, in
denen das Land auf 23
"spezifisch österreichischen
Ausdrücken" bestand,
die in neuen Rechtsakten
"den in Deutschland verwendeten Ausdrücken hinzugefügt" werden (Protokoll 10), Wörter wie Beiried
(Roastbeef), Kohlsprossen (Rosenkohl), Powidl (Pflaumenmus) oder Topfen (Quark) - alle übrigens, nicht zufällig, kulinarischen Charakters. Der damalige Wiener Bürgermeister Zilk, warb mit
diesem Sprachzugeständnis für den EU-Beitritt. Rund um Wien prangte
ein Plakat der Überschrift: "Erdäpfelsalat bleibt Erdäpfelsalat". An fünf heimischen Gerichten wurde die Rettung vor dem EU-Sprachhobel
illustriert. Zum Titelgericht wurde erläutert: "Darf weiterhin Erdäpfelsalat heißen und muss nicht auf Kartoffelsalat umgetauft werden - eines der vielen Privilegien,
die Österreich bei den EU-Beitrittsverhandlungen erstritten
hat."
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war in Österreich sprachliche Eigenart wenig geschätzt. Dies war aus heutiger Sicht Indiz mangelnder nationaler Eigenständigkeit. Sie findet zwar
nicht unbedingt, wie die deutschen Romantiker glaubten, Ausdruck in Sprachbesonderheiten;
im Fall Österreichs ist es indes
unverkennbar. Jedoch wollten sich die Österreicher nie sprachlich abspalten. Zwar nannte man 1949 den Muttersprachunterricht als Zugeständnis an die Siegermächte
"Unterrichtssprache", aber
schon 1952 wieder
"Deutsche Unterrichtssprache" und 1955
"Deutsch".
Allerdings schuf man 1951 ein eigenes "Österreichisches Wörterbuch"
und machte es verbindlich für Schulen und Ämter. Die neueste, 38., Auflage (1997) demonstriert nach Umfang und Aufmachung Ebenbürtigkeit mit dem Rechtschreibduden. Das mit dem
Nachschlagewerk verbundene nationale Anliegen spricht aus einer
scheinbaren Petitesse: Einige Wörter (in der 1. Auflage 118, später mehr) sind
mit Sterndel (Asteriskus) markiert. Sie stammen aus
Deutschland und sind zwar
in Österreich bekannt, gelten aber als
unösterreichisch. Beispiele
sind Abitur, Apfelsine oder Blumenkohl - ihre österreichische Entsprechung:
Matura, Orange bzw. Karfiol,
ist jeweils beigefügt. Das Sterndel dient als Warnung vor
unbedachtem Gebrauch, zur Abwehr von Spracheinflüssen aus Deutschland.
Es handelt sich um eine Art Sprachpurismus zum Schutz der
österreichischen Nationalvarietät.
In manchen Fällen wurden im Laufe
der Zeit sogar vormals unmarkierte
Wörter besterndelt, um sie aus dem
österreichischen Deutsch auszuschließen.
So zum Beispiel Januar, das jetzt
als deutsches Deutsch gilt
- die österreichische Variante
lautet Jänner. Dieser "Kampf an der Sahnefront", wie ihn der
Schriftsteller Friedrich Torberg
mit Blick auf einen besonders missliebigen Wortimport forderte (Sahne statt Obers oder
Rahm), ist Ausdruck allgemeiner Abneigung gegen oftmals als notorisch
empfundene Belehrungen.
Bei aller Betonung sprachlicher Eigenart hat Österreich von allen deutschsprachigen Ländern die größte Nähe zu
Deutschland bewahrt. Die Schweiz
demonstriert mit geflissentlichem Dialektsprechen größere Distanz, ganz zu schweigen
von Luxemburg, das sich sogar eine neue
Sprache, Letzeburgisch, zugelegt und damit aus der deutschen
Sprachgemeinschaft verabschiedet
hat.
Österreichische, auch Schweizer
Autoren, die bei deutschen Verlagen veröffentlichen, müssen um ihre Spracheigenheiten kämpfen. Sie werden
nur ohne Weiteres akzeptiert für auf ihr
Kein Wunder, dass die deutschen "Verwandten"
auf Österreicher oft überheblich
wirken. Dies schwingt mit in dem den Deutschen zugewiesenen Nationalspitznamen "Piefke".
Er geht zurück
auf Preußens Militärkomponisten
Gottfried Piefke, dessen
"Königgrätzer Marsch"
dem Sieg über Österreich 1866 triumphalen Ausdruck verlieh. Die oberste Regel im Umgang
mit Österreich sollte daher Behutsamkeit
sein, damit Nähe und Freundschaft - trotz Haider - nicht Schaden nehmen.
Ulrich Ammon ist Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Duisburg.
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卒論でドイツ語方言について書くにあたり、今ドイツ語圏が抱えている問題に関する
記事を選んだ
与えられている情報としては、文中に出てくる説明の載っていないオーストリア独特の
単語の標準ドイツ語での意味や、言語学独自の単語にはドイツ語での意味を付加。
Na·sal der; -s, -e; ein Laut, bei dem
ein Teil der Luft durch die Nase herauskommt:
Die Laute ,,m" und ,,n" sind Nasale
Jän·ner der; -s, -; meist Sg, (A) Januar
ÖVP Österreichische Volkspartei
設問
全文日本語に訳せ。
Kampf an der
Sahnefrontとは何か
その他ドイツ語圏の国のドイツとの距離はどうだったのか?
またオーストリアのドイツとの距離は?
スイスやオーストリアの著者がドイツ国内で出版するときの問題点とは?